Alexander Pohl: Die Leser sind nicht dazu da, es den Verlagen recht zu machen

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Alexander PohlWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Alexander Pohl und ich betreibe den Autorenservice Ideekarree Leipzig. Für alle, die sich unter dem Begriff Autorenservice nicht all zu viel vorstellen können: Sie sind in guter Gesellschaft. Die enormen Möglichkeiten, die man neuerdings als selbstpublizierender Autor hat, sind in Deutschland noch relativ neu und in ihrer Breite selbst vielen Autoren nicht voll bewusst. Und mit diesen Möglichkeiten kommen eine Menge Chancen, aber auch Aufgaben auf Autoren zu.

Wir unterstützen in der Mehrzahl unabhängige Autorinnen und Autoren sowie kleine Verlage bei allen Aufgaben rund um die Veröffentlichung ihres Buchs, die sie nicht selbst erledigen wollen oder können. Vom Coverdesign über unseren Pseudonymservice bis hin zum Buchtrailer oder der kompletten Marketingstrategie bieten wir eine recht breite Palette an Dienstleistungen an.

Wir sehen uns dabei nicht als Konkurrenz zu den großen Verlagen oder Werbeagenturen, sondern vielmehr als effizienter Partner von Autorinnen und Autoren auf dem Weg in die Professionalität.

Wir, das sind übrigens Thomas Gerschnick (Web, SEO und Social Media), Oliver Juhrs (Video) und meine Wenigkeit. Ich selbst beschäftige mich vor allem mit den Themen Text und Marketing, mache mir also einen Kopf, wie ich Bücher mit ihren Lesern zusammenbringen kann. Außerdem gestalte ich einen Großteil der Cover-Artworks.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Aufstehen gegen Acht. Kaffee, die Zahlen auf Amazon und ein paar anderen Websites auswerten. Mails beantworten und dabei versuchen, langsam aufzuwachen. Kaffee. Gegen Zehn beginnt dann mein eigentlicher Arbeitstag, der ungefähr so aussieht: 40% an aktuellen Projekten arbeiten, 40% mit Autoren und Partnern telefonieren und hin und wieder mal ein Meeting (Ich bin kein großer Freund von langem Palaver, daher gibt es diese eher selten.).

Mindestens 20 % meiner Arbeitszeit verbringe ich damit, zu lesen. Neben Büchern lese ich hauptsächlich Blogs, die mit meinen Themenfeldern zu tun haben. Warum Blogs? Weil das, was Sie heute in E-Books, Büchern und sonstigen Ratgebern über E-Book-Marketing lesen, oft bereits veraltet ist oder schon vor einem halben Jahr in einem englischsprachigen Buch zu lesen war. Old News, also.

Außerdem: Die meisten vernünftigen Bücher zum Thema stammen derzeit von US-Autoren, aber nicht jede Strategie, die in den USA funktioniert, lässt sich ohne Weiteres auf den deutschen Markt übertragen. Da heißt es: Viel und beherzt ausprobieren. Und immer schön die Zahlen mitschreiben.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Mit jedem Autor und jeder Autorin, die wir betreuen dürfen, werden wir effektiver in dem, was wir tun. Und unser »Riecher« wird besser: Welche Art von Cover funktioniert gut in welchem Genre, was gehört unbedingt auf eine gute Autorenwebsite, wo sollte man welche Inhalte am besten platzieren? Wie können Sie als Autor ihre Zeit auf Facebook sinnvoll nutzen und welche Vorteile haben Sie gegenüber den Bemühungen der großen Verlage in Ihrem Genre? Wie produziert man kostengünstig einen packenden Videoteaser? Solche Sachen eben.

Heutzutage lese ich viel mehr an diversen Bildschirmen als früher. Aber ich schätze nach wie vor das Papierbuch sehr, wenn ich es auch nicht für das einzig Wahre oder den heiligen Gral der Literatur halte. Der Inhalt ist mir wichtiger als das Medium.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Kein Problem, nur eine bescheidene Bitte: Ich wünschte, mehr Rezi-Blogger würden es hinbekommen, auf Ihrer Website klar darauf hinzuweisen, mit welcher Art von Büchern sie bemustert werden möchten und vor allem: Mit welchen nicht. Einige machen das bereits sehr vorbildlich und interessanterweise sind auch das genau die Blogger, die zeitnah vernünftig formulierte Reviews herausbringen, eben echte Herzblut-Rezensenten.

Ein paar andere dagegen scheinen eher hinter kostenlosen Exemplaren für ihre Sammlung her zu sein, die sagen erstmal »Ja!« zu allem, nachher wartet man ewig auf ein Review, und wenn es endlich kommt, sind es drei hingeschluderte Zeilen voller Rechtschreibfehler. Das ist dann nicht so schön. Aber solche Blogger werden dann eben nur ein Mal von uns bemustert. Auch dieses Wissen ist etwas, wovon unsere Autoren profitieren.

Hin und wieder stößt man leider immer noch auf starke Vorurteile gegenüber selbstpublizierenden Autoren, im Netz, in der Presse und nicht selten seitens einschlägiger Verlage. Das meiste ist stark verallgemeinernd und selten wirklich fundiert. Sicher, auch in den Bereichen Digitalbuch und Self Publishing wird sich erst die Spreu vom Weizen trennen müssen und neben etlichen richtig guten Büchern wird eine Menge Unsinn ins Netz gestellt. Das gehört wohl ganz einfach dazu, das ist ein Stück Internetkultur. Es ist aber nun bestimmt kein neues Phänomen oder so, dass uns die großen Verlage bisher kategorisch vor Unsinn bewahrt hätten. Da war er nur in der Regel lektoriert.

Und für so manchen Autor stellt sich die Frage nach einem Verlag gar nicht erst, wenn er weiß, dass er z.B. über Amazon ein Vielfaches von dem verdienen kann, was er als Verlagsautor bekommen würde und weit mehr Leser erreicht, als wenn sein Buch ungelesen in irgendeinem Lager verstaubt. Der Platz in den Regalen der Buchläden, in denen die großen Verlage ihre Autoren unterbringen, ist nämlich begrenzt, das sollte man nicht vergessen.

Dieser Autor läßt dann beispielsweise ein Cover und den Klappentext bei uns gestalten, das Lektorat machen und ist damit »ready to go«, das heißt, er kann mit seinem Buch Geld verdienen, von Tag 1 an und nicht erst dann, wenn der Verlag sich entschließt, es in die Läden zu bringen. Da gibt es kein »Das passt jetzt gerade nicht in unser Programm«, weil der Verlag gerade mal wieder einen Trend verpennt oder der Buchhändler das Buch nicht möchte. Einige Verlage haben diese Zeichen der Zeit bereits erkannt und reagieren darauf – mal mehr, mal weniger geschickt. Andere werden wohl langfristig auf der Strecke bleiben, wenn da kein Umdenken stattfindet.

Die Leser sind nicht dazu da, es den Verlagen recht zu machen, die haben ihren eigenen Kopf, zum Glück!

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Auch wenn ich an die absolute Freiheit des persönlichen Geschmacks glaube, sind wir dennoch ausschließlich an der Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren interessiert, die ihre Sache ehrlich und mit Herzblut betreiben und außerdem realistische Vorstellungen vom möglichen kommerziellen Erfolg ihrer Werke haben. Wenn das auf Sie zutrifft, und Sie Unterstützung bei Ihren Veröffentlichungen suchen, sind wir gern mit jeder Menge Ideen und Know-How für Sie da.

Ansonsten sind wir immer am Kontakt zu netten Menschen aus der Branche interessiert, im Moment sind das vor allem Übersetzerinnen (Deutsch-Englisch und vice versa), Lektorinnen und Grafikerinnen sowie deren männliche Pendants.

Wo finden wir Sie im Internet?

www.Ideekarree.de (Autorenservice)

www.Rockstarfilm.de (Video, u.a. für Buchtrailer)

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Alexander Pohl

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