Annette Schwindt: Über meine erste Literaturkritik für die Zeitung

Annette Schwindt wollte wie so viele eigentlich einen Roman schreiben. Doch daraus wurde (noch?) nichts. Zuerst jobbte sie als Literaturkritikerin bei einer Tageszeitung, dann veröffentlichte sie Glossen und Kurzgeschichten, wurde in Buchprojekte von anderen involviert, begann zu bloggen. Inzwischen hat sie sich als Fachbuchautorin einen Namen gemacht und berät Verlage bei ihren Aktivitäten im Social Web. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen mit Büchern und deren Geschichte:

Eine meiner ersten Literaturkritiken für die Zeitung befasste sich mit „Anioutka“ von Roger Bichelberger, übersetzt von Heide Werner und erschienen im Gollenstein Verlag. Der mehrfach ausgezeichnete Roman hat mich – daran erinnere ich mich heute noch – schwer beeindruckt und so begann die Rezension auch mit den Worten: „Es gibt Bücher, über die kann man nicht schreiben. Man kann sie nur lesen.“ Es geht um das lothringische Dorf AZ zur Zeit des 1. Weltkriegs. Es herrschen Hunger und Not und jeder Dorfbewohner hat seine eigene Art, mit der Situation umzugehen.

Wer hätte gedacht, dass ich meine Rezension nach über 14 Jahren wieder hervorkramen würde, um einen weiteren Artikel darüber zu schreiben? Ich hatte sie, wie alle meine Artikel, fein säuberlich archiviert: auf weißem DinA4-Papier eingeklebt und mit auf Schreibmaschine getipptem Erscheinungsort und -datum („Speyerer Tagespost, Nr. 122, 31.5./1.6.1997, S.14“) versehen und sogar noch in eine Klarsichthülle gepackt. 🙂

Annette Schwindt: Über meine erste Literaturkritik für die Zeitung

Um noch ein bisschen zusätzliches Material für diesen Artikel hier zu recherchieren und wie ich zugeben muss auch aus Neugier, kontaktierte ich daraufhin den Autor per Mail über seine wunderbar altmodische Website, fragte ihn nach Hintergrundinfos zum Roman und erzählte ihm von „Ich mach was mit Büchern“.

Daraufhin schickte er mir (per Briefpost) eine handgeschriebene Karte und Fotokopien von schreibmaschinengetippten Seiten, in französischer und deutscher Sprache, die er bei Lesungen von „Anioutka“ verwendet hat. Darin las ich unter anderem, dass Anioutka die russische Entsprechung meines Namens ist: Annette – die kleine Gnädige. Und eine Anlehnung an eine Figur in Tolstois Drama „Die Macht der Finsternis“. Die anderen Anmerkungen werde ich jetzt beim erneuten Lesen des Buches durchgehen! Inzwischen haben Roger Bichelberger, der gerade seinen 73. Geburtstag gefeiert hat, und ich uns auf Facebook befreundet. 🙂

Ich erinnere mich noch, dass der Gollenstein Verlag meine Rezension lange in seinem Katalog zitiert hat. Da war ich als Anfängerin bei der Zeitung natürlich stolz wie Bolle! Aber klar, wenn ich das Ende des Artikels heute lese, musste es ja so kommen: “‘Anioutka’ besticht durch die erschütternde Schlichtheit seiner Charaktere, ihre ohnmächtige Hingabe an das Leben mit all seinen Wirrnissen. Ein Buch von so ergreifender Schönheit, daß man es sicher nicht wieder vergißt.”

q.e.d 😉

Bildquelle: NamensnennungKeine kommerzielle NutzungWeitergabe unter gleichen Bedingungen Bestimmte Rechte vorbehalten von Annette Schwindt

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