Franziska Regner: Ich leite den Bereich Innovation und Entwicklung an der ETH-Bibliothek Zürich

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Franziska RegnerWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Franziska Regner. Ich leite den Bereich Innovation und Entwicklung an der ETH-Bibliothek Zürich. Mit Büchern in ihrer Materialität habe ich beruflich wenig zu tun, da sich die meisten Projekte im Bereich Innovation und Entwicklung mit digitaler Informationsversorgung befassen. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass auch Innovationen und Entwicklung in digitalen Bibliotheken nicht ohne das Buch auskommen. Dies in doppelter Hinsicht:

  1. Gelesen wird immer, ob digital oder analog.
  2. Ohne das Buch bzw. dessen Nachfolgeformate kann sich kein kritisches Denken, kein kritischer Geist und auch kein kritischer Diskurs entwickeln.

Diese Elemente sind ein wesentliches Element jeder Innovation und jeder Entwicklung.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Jeder meiner Arbeitstage jongliert zwischen Freiraum und Struktur. Wie meine acht Mitarbeiterinnen verwende ich jeden Tag mindestens 30 Minuten auf das „freie“ Lesen. Ich lese Blogbeiträge, Buch- und Zeitschriftenartikel, Newsletter, E-Mail-Verteiler und setze Posts in unserem Intranet, um auch die Kolleginnen und Kollegen an der ETH-Bibliothek über interessante Erkenntnisse aus der Lektüre zu informieren. Vorgegebene Inhalte und Struktur erhält mein Arbeitstag durch E-Mail-Korrespondenzen, Sitzungen, Dienstreisen. Ganz wichtig sind für mich daneben Gespräche. Im Bereich Innovation und Entwicklung wie auch sonst zum Teil in der ETH-Bibliothek pflegen wir zum regelmässigen Austausch das traditionelle Format des Jour Fixe, in dem ich immer wieder viel von meinen hervorragenden Kolleginnen lerne. Daneben spielen informelle Gespräche beim Kaffee oder Mittagessen – mit Kollegen aus der ETH und mit Personen aus anderen Einrichtungen – für mich eine wichtige Rolle.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Meine Berufserfahrung beträgt erst fünf Jahre. Davon bin ich ein gutes Jahr in meiner jetzigen Position an der ETH beschäftigt. Vor diesem Hintergrund kann ich (noch) nicht von einer grossen Veränderung der Arbeit bzw. der Formate und Praktiken sprechen. Ich denke aber und höre das auch von erfahreneren Kolleginnen und Kollegen, dass die immer noch zunehmende Digitalisierung des Lebens und der Arbeitswelt in der Vergangenheit starke Veränderungen mit sich gebracht hat. Ich selbst stelle fest, dass ich – gerade weil ich sehr viel Energie in meine Arbeit stecke und sie mir grossen Spass macht – trotz der technischen Möglichkeiten beruflich nicht ständig erreichbar sein kann und will. Ausreichender Freiraum und Zeit für Familie, Freunde und ausserberufliche Interessen sind für mich sehr wichtig. Ohne diesen Freiraum sinkt meine Leistungsfähigkeit. Freiraum ist also auch im digitalen Zeitalter aus meiner Sicht essentiell und stärkt im Übrigen die Kreativität auch im beruflichen Kontext.

Wovon ich selbst profitiere, ist die Leistung vieler Frauen und Männer, die v.a. in den vergangenen Jahrzehnten für Gleichberechtigung im Job gekämpft haben. Unsere Generation profitiert sehr von den heutigen Möglichkeiten. In Wertschätzung der Leistung der um Gleichberechtigung bemühten Generationen vor mir sind in meiner Führungsposition die Unterstützung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (für Frauen und Männer!) und das Diversity Management ein grosses Anliegen. Hier sind immer noch viel Bewegung und Veränderung im Gange, die ich sehr begrüsse.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Um bei dieser Frage die Nähe zum Buch herzustellen: Wie finden wir schicke und wirklich attraktive Formate für unsere „virtuellen Ausstellungen“ – also Ausstellungen, die aus digitalisierten Büchern und anderen digitalisierten Materialien zusammengestellt werden? Wie schlagen wir eine neuartige Brücke zwischen Analogem und Digitalem und berücksichtigen in adäquater Form, welche anderen Akteure – z.B. Zeitungsverlage – in diesem Feld schon aktiv sind?

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Ich bin in der glücklichen Situation, dass der Aufbau und die Pflege von Netzwerken zu meinen regulären Arbeitsaufgaben zählen. Vor diesem Hintergrund kann ich offen und ehrlich sagen: Ich bin an allen Kontakten interessiert, die echte Gespräche zulassen. Ganz wesentlich ist aus meiner Sicht, dass sich die Gesprächspartner wirklich zuhören und die Perspektive des Anderen, auch wenn diese ungewohnt erscheinen mag, als Bereicherung annehmen. Fachliche Expertise, die ich selbst in derartige Gespräche einbringen kann, betreffen folgende Felder: Innovationsmanagement, Aufbau von Informationsinfrastrukturen für Forschung und Lehre, digitale Kommunikation, Kooperationsprojekte im Feld digitaler Bibliotheken, Wissenschaftsmanagement, Forschungsförderung, Provenienzrecherche in Bibliotheken.

Wo finden wir Sie im Internet?

Die ETH-Bibliothek ist auf folgenden Social-Media-Kanälen aktiv: Twitter, Facebook, Google+. Weitere Informationen zur ETH-Bibliothek, zum Bereich Innovation und Entwicklung sowie natürlich zu unseren Büchern finden Sie im Wissensportal.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Franziska Regner

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