Dr. Oliver Domzalski: Ich leite bei Carlsen den Programmbereich “Humor und Geschenkbuch”

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Dr. Oliver DomzalskiWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Oliver Thomas Domzalski, ich bin Jahrgang 1960, promovierter Historiker und habe über ein Volontariat im Geschichtslektorat bei Fischer und das dortige Sachbuchlektorat meine wahre Bestimmung als einer der wenigen hauptamtlichen Humorlektoren in Deutschland gefunden – zunächst bei Eichborn, seit 2008 bei Carlsen. Hier leite ich den Programmbereich „Humor und Geschenkbuch“ und suche das Gleichgewicht zwischen Büchern, die ich selbst zum Totlachen finde, und solchen, die ich selbst nie verschenken würde und nie geschenkt bekommen wollte. Beide müssen professionell und gut gemacht sein.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

An vier Tagen bin ich (dem Schulkind sei Dank) ab ca. halb neun im Verlag. Auf der 40-minütigen S-Bahn-Fahrt dorthin lese ich genussvoll die Papierausgabe der „Süddeutschen“. Im Büro checke stets zuerst die tagesaktuellen Verkaufszahlen (ist im Dezember schöner als im Juni) und überlege mit meiner Kollegin Antje Haubner und unserer Praktikantin, was wir auf der Facebook-Seite „Carlsen Humorlabor“ veranstalten könnten. Danach lasse mich leider überwiegend von Outlook durch den Tag schieben. Aufgaben, die keine Ablenkung vertragen, erledige ich besser zuhause. Deshalb arbeite ich freitags am heimischen Schreibtisch. Und bei Bedarf auch an anderen Tagen halb oder ganz. Von meinem verehrten ersten Chef, Walter Pehle, habe ich den ultimativen Satz zum Thema „Präsenz im Verlag“ gelernt: „Die haben schließlich meinen Kopf gemietet und nicht meinen Arsch.“

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Abgesehen vom Gemeinplatz „Informationsoverkill / Emailflut etc.“: Früher suchten Verlage Autoren, die gut schreiben konnten – und garantierten die flächendeckende Verbreitung des Buchs durch Pressearbeit, Werbung und Vertrieb. Das können wir mittlerweile längst nicht mehr bei jedem Buch leisten, so dass Autoren immer stärker nach dem Kriterium ausgewählt werden, wieviel Reichweite (Facebook-Fans, Youtube-Abonnenten etc.) sie selbst mitbringen. Eine Veränderung, die mir persönlich entgegenkommt: Der kreative Anteil des Lektorats am Programm ist größer geworden. Wir reagieren nicht nur (mit einem Vertrag oder einer Absage) auf eingesandte Manuskripte, sondern entwickeln das Buchkonzept gemeinsam mit den Autoren – oder suchen uns manchmal sogar Autoren für unsere eigenen Buchideen.

Auf den technischen Fortschritt reagiere ich altersgerecht, also widerwillig. Ich mache erst mit, wenn der Nutzen für mich größer scheint als der Stress, den mir die Neuerung bereitet. Große Hürde für die Technik. Momentan bin ich ca. bei 2004: Ich habe ein Handy, aber kein Smartphone. Und lese ausschließlich auf Papier.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Ich behaupte, dass es für fast jedes von mir verantwortete Buch eine potentielle Leserschaft im fünf- oder sechsstelligen Bereich gibt. Trotzdem landen wir viel zu oft bei erbärmlichen Verkaufszahlen. Also: Wie erfahren die Leute, dass es ein Buch gibt, das sie interessiert? Bei E-Books ist dieses Problem eher noch größer, aber man versenkt wenigstens nicht so viel Geld. Man könnte das Problem auch schlicht „Überproduktion“ nennen, aber dann liegt die Lösung außerhalb meines Einflussbereichs.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Jeglicher Austausch über die Gegenwart und Zukunft der Branche interessiert mich; dazu natürlich (Hinweise auf) Autoren mit guten Ideen für mein Programm – und mit Reichweite! Und wenn mein Job mir Zeit dafür lässt, kümmere ich mich in meiner Freizeit im Rahmen meines privaten Redaktionsbüros gerne darum, Texte aller Art so zu ordnen und zu redigieren, dass sie tatsächlich gelesen und verstanden werden. Oder auch humoristische Bücher aus dem Englischen zu übersetzen, ohne dass der Witz flötengeht.

Wo finden wir Sie im Internet?

Verlag: Auf der Website und bei Facebook (Carlsen Humorlabor).

Direkt: oliver.domzalski@carlsen.de und via XING.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Dr. Oliver Domzalski

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